Werbespots versus Product Placement
Informationsüberlastung ist laut Auer als allgemeines Phänomen unserer Gesellschaft einzustufen. Eine Folge davon ist, dass die gesättigten Rezipienten einen Großteil der herkömmlichen Werbespots, die tagtäglich über die Fernsehbildschirme gesendet werden in beschränktem Ausmaß oder schlimmstenfalls gar nicht mehr wahrnehmen. Im Zuge dessen vermindert sich auch die Werbewirkung. Deshalb wird vermehrt zu alternativen und neuartigen Kommunikationsinstrumenten gegriffen, die dazu beitragen sollen die Aufmerksamkeit der Rezipienten zu erhöhen.
Daher stellt sich der Verfasserin die durchaus berechtigte Frage, ob der klassische Werbespot mit Product Placement konkurrieren kann, beziehungsweise welche Vorzüge die sublimale gegenüber der klassischen Werbeform aufzuweisen hat und umgekehrt.
Pro und Contra
Pro und contra Reichweite
Um eine möglichst große Reichweite zu erfassen, ist laut Auer Product Placement dem klassischen Werbespot vorzuziehen. Welche Reichweiten mit der sublimalen Werbeform erzielt werden können, lässt sich wohl am besten mit dem in den USA vorherrschendem Product Placement Potential erahnen. Eine Hollywoodspitzenproduktion kann nur allein beim Start über 50 Millionen Zuseher in die Kinos locken. Bei den hochwertigen Spitzenfilmen, die später noch einmal im Fernsehen gezeigt werden, kommen noch zusätzlich weitere 50 Millionen Rezipienten hinzu, womit noch nicht die Zuseherzahlen der Videokassettenkauf und -verleihmarktberücksichtigt worden sind.[??] Beim Werbespot hingegen lassen sich besonders große Reichweiten in der Prime Time des jeweiligen Senders verzeichnen, die aber nicht an das oben erwähnte Beispiel anschließen können.
Pro und contra Kontaktmöglichkeiten
Im Gegensatz zur Werbung sind auch die Chancen eines Mehrfachkontaktes des betreffenden Produktes beim Product Placement weit aus höher gelegen und kostengünstiger. Denn Mehrfachkontakte im klassischen Werbespot lassen sich nur durch Mehrfacheinschaltungen erzielen, was die Kosten dafür dementsprechend in die Höhe treiben lässt.
Pro und contra Art des Produktes
Auch die Art des Produktes, das vermarktet werden soll bedarf einer fundierten Entscheidung ob es nun in einem Werbespot oder im Rahmen eines Product Placements beworben werden soll. Gerade bei sogenannten neuartigen Produkten stellt die Werbung im Rahmen eines Product Placements ein Risiko dar, weil gewisse Grundinformationen durch den klassischen TV-Werbespot vermittelt werden können. Das betreffende Produkt wird mit seinen wichtigsten Eigenschaften den Rezipienten vertraut gemacht. Beim Product Placement wird die Neugier zwar geweckt, weniger aber auf die Eigenschaften des betreffenden eingegangen. Daher eignet sich Product Placement insbesondere für bereits beworbene und vor allem bekannte Markenartikel, was durchaus als Ergänzung zum klassischen Werbespot betrachtet werden darf. Letzterer übernimmt die Vorinformation, macht die Rezipienten mit dem Produkt vertraut, während dem Product Placement eine Art Erinnerungsfunktion zukommt.
Unterschiede
Im folgenden werden nun die unterschiedlichen Merkmale von TV-Spot und Product Placement anhand einer übersichtlichen Tabelle dargestellt.
Unterschiede | TV-Spot | Product Placement |
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Klassifizierung
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Klassische Werbung
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Unterschwellige, sublimale Art der Werbung
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Ausgangsbasis - Produkt
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Einführung eines neuen Produktes, TV-Spot über ein bekanntes Produkt,als Erinnerungsfunktion eingesetzt.
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Hier wird eine gewisse Grund-, beziehungsweise Markenkenntnis über das Produkt vorausgesetzt.
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Art der Produktion
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Als selbstständiger Spot in Unterbrecher- und Scharnierwerbeblöcken integriert.
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Real in das Filmgeschehen als creativ, on-set und verbal Platzierung möglich.
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Umgebung
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Gesonderte Darstellung in den TV-Werbeblöcken, eventuell Konkurrenz möglich.
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Die Einbindung des Produktes erfolgt mehr oder weniger aufdringlich in das jeweilige Filmgeschehen. Konkurrenz kann ausgeschlossen werden.
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Begegnung
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Erkennbar, aufdringlich, in ein Sendeschema integriert.
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Spontan und unerwartet, Aufdringlichkeit nach Art der Platzierung
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Kontakt
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Bei einmalig bezahlter Schaltung, nur Einmalkontakt möglich. Konkurrenz.
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Mehrfachkontakt, durch Sendungswiederholung oder Video möglich.
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Ansprache, Beeinflussung
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Ansprache der Zielgruppen durch eine terminliche Platzierung des TV-Spots. Glaubwürdigkeit hängt von Gestaltung ab.
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Exakte Zielgruppenansprache ist nicht möglich. Beeinflussung erfolgt durch Leitbildfunktion und Imagetransfer.
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Art der Vergütung durch das werbende Unternehmen
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Monetäre Vergütung
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Geld, in der Regel werden auch Sachmittel, Autos, zur Verfügung gestellt.
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Einflussnahme des Unternehmens aufGestaltung
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ja
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Offiziell nein, inoffiziell nicht ausgeschlossen
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Ziele
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Einführungs- oder Erinnerungsfunktion für das betreffende Produkt. Steigerung des Gewinns, Umsatz oder Markenanteil.
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Erinnerung an das betreffendeProdukt soll aktiviert werden. Wird weniger bei Neueinführungen verwendet. Steigerung des Gewinns, Umsatz oder Markenanteils.
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Kosten
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Fixe und je nach Stellung des betreffenden Senders hohe Tarife
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Schwer abschätzbar, trotzdem billiger als ein TV-Spot
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Abb. 15: Quelle und Grafik: eigene
Vergleichbarkeit
Doch wie lassen sich die Kosten von Product Placement und Werbespots im Fernsehen oder in Printmedien vergleichen? Hier bietet sich ein Wirtschaftlichkeitsvergleich auf der Basis des sogenannten Tausenderpreises an.
Unter Tausenderpreis versteht man „die Kosten, um 1.000 Werbekontakte zustande zu bringen.“[148]
Dieser errechnet sich grundsätzlich wie folgt: Kosten/Leser oder Zuseher x 1.000
Allerdings bringt ein derartiger Vergleich auch einige Probleme mit sich: So werden beispielsweise nicht alle Medien gleich intensiv genutzt, auch die Kontaktqualitäten können unterschiedlich ausfallen.
Harbrücker und Wiedmann sind sehr wohl daher der Überzeugung, dass ein Engagement im Bereich von Product Placement erheblich billiger sein kann, als der klassische Werbespot.Dennoch sollte die Kosten/Nutzen-Relation nicht außer Acht gelassen werden. Das werbende Unternehmen sollte stets in Erwähnung ziehen, ob der Aufwand für Product Placements im Verhältnis zu dem angestrebten Nutzen steht, oder ob andere Kommunikationsinstrumente dabei nicht effizienter sind. Weiters sei noch die Möglichkeit einzubeziehen, dass Product Placement ins Schussfeld öffentlicher Kritik geraten kann.[??]
Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der entsprechende Film den Erwartungshaltungen der Rezipienten nicht entspricht, beziehungsweise wenn das zu bewerbende Produkt für den Zuseher sehr aufdringlich, aber auch unscheinbar platziert wird, ohne dass dieser die betreffenden Product Placements registriert.
Beispiel
Um die Kostenunterschiede zwischen klassischem Werbespot und Product Placement zu verdeutlichen, haben Auer, Kalweit und Nüßler ein umfangreiches Beispiel durchrechnet.
US-TV-Serien | Werbespot | Product Placement |
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Mac Gyver, Kate & Allie, My Sister Sam, Newhart, Designing Women, Amazing Stories, Who’s the boss?, Growing Pains, Moonlighting, Jack and Mike, The Wizard, Matlock, Dynasty, Magnum, The Colbys, Simon & Simon, Knots Landing, Scarecrow and Mrs. King, Dallas, Falcon Crest, The A-Team, Miami Vice, Spencer: For Hire | Kosten pro Woche für einen 15-Sekundenspot im Werbeblock der US-TV- Serien:1.460.500 Dollar, exklusive Produktionskosten für den Werbespot. | Kosten für einmalige Platzierung in allen Filmen: Vermittler: 1.050.000 Dollar. Über Ausstatter: 460.000 Dollar. |
Abb. 16: Quelle: Auer, M./Kalweit, U./Nüßler, P.: Product Placement. Düsseldorf 1988. Seiten 178-180. Grafik: eigene
Resümee
Stellt man den klassischen Werbespot dem Product Placement gegenüber, lassen sich sehr wohl auf beiden Seiten Vor-, als auch Nachteile ziehen. Deshalb sollte jedes Unternehmen zuvor eine Kosten-Nutzen-Analyse für das betreffende Produkt in Betracht ziehen, ob denn nun der angestrebte Nutzen mit dem eindeutig billigeren Product Placement überhaupt angestrebt werden könne. Dies stellt, wie bereits erwähnt, insbesondere bei Neueinführungen eines Produktes ein Problem dar. Denn trotz der wachsenden Reaktanz seitens der Rezipienten wird es nicht gelingen den klassischen TV-Werbespot durch die nichtklassische Werbeform Product Placement zu ersetzen, da vor allem letztere gewisse Grundvoraussetzungen, wie die Einführung des Produktes, nicht erbringen kann und somit als Ergänzung zum herkömmlichen Werbespot angesehen wird.
Diesem Trend tragen auch immer mehr deutschsprachige Fernsehanstalten Rechnung und bieten daher Werbespot und Product Placement als Kombination an, einerseits um eben mit dem TV-Werbespot die Vorteile der Vorinformation über das betreffende, neuartige Produkt nutzen zu können, anderseits um mit Product Placement, durch die Mechanismen, wie Imagetransfer und Leitbildfunktion, zusätzliche Potentiale der Aufmerksamkeit der Rezipienten ausschöpfen zu können.